Unweit des Oberen Marchbeckens, in der Mährischen Pforte, liegt in der Nähe des Zusammenflusses von Bečva und Morava die Stadt Přerov (210 m ü. NN, 47 000 Einwohner), ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt.
In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde die Stadt vom Olmützer Bischof Heinrich Zdik gegründet und 1256 von Otakar II. Přemysl zur königlichen Stadt erhoben. Anstelle der frühmittelalterlichen Burganlage wurde eine gotische Burg errichtet und später im Renaissancestil umgebaut. Heute hat dort das Comenius-Museum seinen Sitz. Die Oberstadt wurde in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gegründet. Das älteste Gebäude ist die Hauptpfarrkirche St. Georg, die bereits 1131 erstmals erwähnt wurde. Am Oberen Markt gibt es zahlreiche gut erhaltene Häuser im Stile der Spätgotik und der Renaissance. Viele Jahre war Přerov im Besitz der Pernsteiner und Zeroteiner. In dieser Zeit begann sich die Stadt vielversprechend zu entwickeln.
Ab dem Ende des 15. Jahrhunderts lebten hier Anhänger der Brüderunität und in Přerov fanden kirchliche Synoden statt. Von großer Bedeutung war die Brüderschule, die Jan Amos Comenius zunächst als Schüler besuchte und an der er 1614–1618 unterrichtete. Am 20. Februar 1523 wurde in Přerov Jan Blahoslav, einer der führenden Vertreter der Brüderunität, geboren. In der Stadt steht ein Denkmal für ihn, das vom Bildhauer František Bílek geschaffen wurde.
In Přerov gab es auch eine große jüdische Gemeinde, deren Synagoge heute der orthodoxen Kirche gehört.
Auch Přerov blieb vom Dreißigjährigen Krieg nicht verschont. Das aber ist lange her und die jüngere Geschichte der Stadt stand vor allem im Zeichen des Baus der Bahnlinie von Wien nach Prag und der Industrialisierung.
Heute ist Přerov eine moderne Stadt mit schönen Parks (Michalov). Auch das Stadthaus im Neorenaissancestil lohnt einen Besuch. Seit 1992 steht Přerov unter Denkmalschutz. 1997 wurde es von einem Hochwasser stark in Mitleidenschaft gezogen.
Interessant ist das Naturschutzgebiet „Žebračka“. Im nicht weit entfernten Stadtteil Předmostí befindet sich ein Museum für unsere Vorfahren, die hier vor 25 000 Jahren lebten. Ein Lehrpfad führt bis zum Mammutjägermuseum, wo auch archäologische Funde zu sehen sind.
Obwohl Přerov eine so stark von den Böhmischen Brüdern geprägte Vergangenheit hatte, fand sich nach dem Erlass des Toleranzpatents in der Stadt kein einziger Protestant. Erst in den achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde ein kleines lutherisches Gotteshaus für die deutschen Bahnangestellten gebaut, in das auch evangelische Tschechen zum Gottesdienst kamen. Das aber war für sie mit Sprachproblemen verbunden, denn die Predigt wurde auf Deutsch gehalten.
Die ersten tschechischen reformierten Gottes-dienste fanden 1887 statt. Später, vor allem als in Přerov eine Filialgemeinde entstanden war, mussten sie überlegen, wie es weitergehen soll. (Eine selbständige Kirchengemeinde wurde am 10. Januar 1922 gegründet.) Vorübergehend diente ihnen eine ehemalige Schlosserwerkstatt als Versammlungsort, die aber dafür völlig ungeeignet war. Deshalb beschloss die Gemeinde, eine Kirche zu bauen, und erwarb ein Baugrundstück im Stadtzentrum. Am 9. Mai 1907 fand die feierliche Grundsteinlegung statt. Die Kirche wurde nach den Entwürfen des berühmten Berliner Architekten Otto Kuhlmann gebaut. Es entstand ein Gebäude im modernistischen Stil mit historisierenden Elementen, das mit einem viereckigen Turm versehen war. Der Bau war als Gemeindezentrum und nicht nur als Gottesdienstraum gedacht. Ein Gemeindehaus wurde dann noch nachträglich in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts gebaut.
Die feierliche Einweihung des Gotteshauses am 25. März 1908 war ein großes Ereignis. Die evangelischen Christen aus Přerov erhielten damit eine Kirche, an der, wie in einem Text der Festschrift zu lesen ist, „die Kontinuität zwischen der heutigen Zeit und der durch die Brüderunität geprägten Vergangenheit der Stadt deutlich erkennbar sein sollte“. Weiter steht dort geschrieben, dass „die Schlichtheit und die Reduktion der historischen Inspiration diesem Přerover Bauwerk hohe Anerkennung als erstes Beispiel moderner Sakralarchitektur bei uns eingebracht hat“.
Die Kirche wurde bei den verheerenden Überschwemmungen 1997 stark beschädigt. Im Zuge der Beseitigung der Hochwasserschäden kam es auch zur Neugestaltung des Innenraums nach einem Entwurf des Architekten Josef Barták. Am letzten Oktobertag 1999 wurde die Kirche in Přerov feierlich wiedereröffnet.