Prag 1 - Altstadt

Prag 1 - Altstadt

Die Gemeinde der Brüderkirche im Zentrum Prags war ab 1880 zunächst in angemieteten Häusern aktiv. Um die Jahrhundertwende versammelte sie sich in der Petrská-Straße 23 und 1907 erwarb sie das Haus in der Soukenická-Straße 15. Es handelte sich dabei um ein Gebäude in einem geschlossenen Straßenzug aus dem 19. Jahrhundert, im Erdgeschoss befanden sich Geschäftsräume mit großen Schaufenstern und darüber mehrere Etagen mit Wohnungen. Das Haus hatte einen großen Hof mit der Möglichkeit, dort ein relativ großes Bethaus zu bauen. Obwohl die Gemeinde damals das Geld, das sie durch den Verkauf des Hauses in der Petrská-Straße eingenommen hatte, und eine große Spende vollständig für den Kauf des Hauses in der Soukenická-Straße aufgebraucht hatte, hielt sie an ihrem Vorhaben, im Hof ein neues, großes Bethaus mit Gemeinderäumen zu bauen, fest.

Bereits am 8. März wurde der Grundstein gelegt und dafür gebetet, dass aus diesem Hause einmal Ströme lebendigen Wassers hervorgehen und sich nach allen Seiten ausbreiten mögen.

Die Bauarbeiten leitete A. Dvořák, Kirchenältester der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder in der Gemeinde Prag-Vinohrady, der bereits zuvor erfolgreich mehrere evangelische Kirchen und ein Bethaus der Brüderkirche in den Stadtteilen Vinohrady und Smíchov gebaut hatte.

Die Bauarbeiten gingen schnell voran und viele Spender, auch aus den ärmsten Kreisen im Umfeld der Gemeinde, trugen dazu bei. Der Prediger Alois Adlof schrieb damals: „Die Mittellosen, die dennoch bereit sind zu geben, machen uns Mut.“

Die feierliche Eröffnung des Bethauses fand bereits am Sonntag, dem 17. November 1907 statt. Es handelt sich um ein großes, mehrstöckiges Gebäude. Der Hauptsaal befindet sich im ersten Stock, auf derselben Etage gibt es noch einen kleinen Saal, eine Garderobe sowie eine Bibliothek und ein Büro. Der große Saal verfügt auch über eine Empore. Im Gebäude befinden sich noch weitere Gemeinschafts- und Versammlungsräume sowie Wohnungen für den Hausverwalter und den Prediger. Ursprünglich gab es im Haus auch eine Turnhalle und eine Druckerei.

Der große Saal, der bis zu 300 Sitzplätze bietet, ist geräumig und hell. Die Fenster gehen nach Süden und darüber hinaus gibt es in der Decke zwei Oberlichter. An den Deckenfenstern befanden sich Zitate aus der Bibel: „Gott ist Liebe“ und „Christus unser Leben“. Ursprünglich stand auf der Empore eine kleine Orgel. 1980 wurde aber vorn im Saal zusammen mit einem neuen Altar und einer Kanzel eine neue Orgel eingebaut.

Die Architektur des Gebäudes entspricht seiner Entstehungszeit am Anfang des 20. Jahrhunderts – die Fassade und die Innenwände wurden mit Jugendstilornamenten geschmückt, die in diesem Fall aber sehr nüchtern gehalten sind. Die architektonische Gestaltung des Hauses – viele Bauelemente im Innenraum und der Schmuck an der Außenfassade – ist bis heute bemerkenswert. An der höchsten Stelle des Portals befindet sich ein aus Metall gefertigter Kelch. Darunter ist das Baujahr 1907 zu lesen und die Aufschrift: „Das Evangelium Christi ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben.“

Das Gebäude wurde im Laufe der Jahre mehrmals renoviert, die baulichen Veränderungen betrafen aber lediglich die Nutzung der Innenräume. Unter der kommunistischen Regierung in unserem Land konnte die Kirche das Haus zwar weiter für ihre Gottesdienste nutzen, aber einige Nebenräume wurden von der staatlichen Verwaltung in Beschlag genommen und als Lager für die Zivilverteidigung genutzt. Nach 1989 konnte die Kirche nach einer Rekonstruktion wieder alle Räumlichkeiten selbst nutzen.

Ein großer Einschnitt in der Geschichte des Hauses war das Hochwasser im Jahr 2002. Das Keller- und das Erdgeschoss beider historischer Gebäude wurden überschwemmt. Die Keller, die Lagerräume, der Kesselraum und die Gemeinschaftsräume im Erdgeschoss standen unter Wasser. Dank des Engagements vieler Menschen aus dem In- und Ausland, von Gemeindegliedern und Freunden der Gemeinde konnten die Objekte rekonstruiert und wieder hergerichtet werden.