Plzeň - Pilsen

Plzeň - Pilsen

Die Metropole des Bezirks Plzeň und die viertgrößte Stadt der Tschechischen Republik (320 m ü. NN, 173 000 Einwohner) liegt inmitten des Pilsener Hügellandes am Zusammenfluss von Mže, Úhlava, Úslava und Radbuza. Die Stadt wurde 1295 von Wenzel II. gegründet und war schon bald eine wichtige Station an den Handelswegen nach Regensburg und Nürnberg.

Eine große Blütezeit erlebte Plzeň im 15. Jahrhundert. Der gotische Stadtkern blieb bis heute erhalten und wurde unter Denkmalschutz gestellt.

Die hussitische Bewegung stieß in Plzeň zunächst auf große Resonanz. In der Stadt wirkte der Priester Václav Koranda d. Ä., der sich um eine Läuterung der Kirche im Geiste des Urchristentums bemühte. Später aber gingen die Hussiten nach Tábor, und Plzeň tendierte mehr und mehr zu Rom. Im 16. Jahrhundert war Plzeň dann bereits eine romtreue Stadt (nur als Katholik durfte man Bürger der Stadt Plzeň werden).

Die Kriegsjahre des 17. Jahrhunderts zogen vorüber, das 18. Jahrhundert verging und im 19. Jahrhundert begann sich die Stadt rasch zu entwickeln. Dank der aufkommenden Industrie zogen neue Bewohner nach Plzeň. 1842 wurde die Bürgerbrauerei gegründet und das Bier Pilsner Urquell machte sich ebenso wie die Škoda-Werke einen Namen.

Die vielversprechende Entwicklung der Stadt wurde durch das Münchner Abkommen und den Zweiten Weltkrieg gewaltsam unterbrochen. Am 6. Mai 1945 wurde Plzeň von der amerikanischen Armee befreit.

Heute ist Plzeň eine moderne Stadt, die viele historische Sehenswürdigkeiten zu bieten hat. Die bedeutendste ist die 1292 gestiftete gotische Bartholomäus-Kathedrale mit der kostbaren Pilsener Madonna, die von 1390 stammt. Auch die Kreuzigungsgruppe aus den sechziger Jahren des 15. Jahrhunderts ist eine vielbeachtete Schnitzarbeit. Der neugotische Altar ist ein Werk Josef Mockers. Die Schönheit des Innenraums wird von den großen, farbigen und reich verzierten Fenstern abgerundet. Der Turm der Kathedrale ist 102 Meter hoch. Heute ist diese bemerkenswerte Kirche Kathedralkirche des römisch-katholischen Bistums, das 1991 gegründet wurde. Sie steht am Marktplatz, wo sich auch das Renaissancerathaus aus dem 16. Jahrhundert befindet.

Die jüdische Synagoge wurde 1888-1893 im maurisch-romanischen Stil erbaut. Sie überdauerte erstaunlicherweise auch die schweren Kriegsjahre. Heute befindet sich hier ein Konzert- und Ausstellungssaal. In Plzeň finden wir auch die orthodoxe Annenkirche und die Bethäuser der Tschechoslowakischen Hussitischen Kirche (THK) und der Brüderkirche.

Die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB) hat in Plzeň zwei Gemeinden. Die ältere ist die Hus-Gemeinde in Plzeň-West. Zunächst etwas zu ihrer Geschichte: Nach dem Erlass des Toleranzpatents 1781 gab es in Plzeň keine evangelischen Christen – so vollkommen stand dieses Gebiet unter dem Einfluss der Gegenreformation. Erst in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts kamen durch den Zuzug neuer Bewohner auch evangelische Tschechen nach Plzeň. Sie versammelten sich zunächst in der deutschen lutherischen Gemeinde.

1869 wurde in Plzeň die erste evangelische Kirche gebaut (inzwischen wird das Gebäude von der THK genutzt). Erst 1913 entstand eine tschechische reformierte Gemeinde, nach 1918 eine Gemeinde der EKBB.

Obwohl der Gemeinde ein Gemeindehaus einschließlich Hus-Kapelle gehörte, beschloss sie, eine Kirche zu bauen. Am 6. Juli 1924 wurde der Grundstein für das von Architekt Bohuslav Chvojka entworfene Gebäude gelegt. Die Bauleitung hatte F. Vachta aus Plzeň. Es handelt sich um einen markanten zweistöckigen Bau im modernistischen Stil, ein Eckgebäude, das an der Stirnseite von einem mehr als dreißig Meter hohen Turm mit Kelch überragt wird. Genau ein Jahr später, am 6. Juli 1925, wurde die Huskirche an der Ecke der heutigen Straßen Němejcova und Borská feierlich eröffnet. Neben dem eigentlichen Gottesdienstraum mit 600 Plätzen verfügt die Kirche über weitere Säle und Gemeinderäume. Ungewöhnlich ist die Beleuchtung des Raums durch die verglaste Decke.

Erster Prediger war ab 1914 Ebenezer Otter, der 42 Jahre lang Pfarrer der Gemeinde war. Er erlebte mit ihr die freudigen Anfänge, die Zeit der Blüte nach dem Ersten Weltkrieg (im Zuge der sog. Los-von-Rom-Bewegung nahm die Zahl der evangelischen Christen zu), aber auch das Elend der Kriegsjahre – damals durchlebten er und sein Sohn Jiří die Schrecken der Nazihaft. Dankbar gedenkt die Gemeinde auch der anderen Prediger, die ihr in der nicht weniger schweren Zeit des totalitären kommunistischen Regimes treu gedient haben.

1932 fand auf dem Berg Bzí bei Blovice der erste Gottesdienst zum Gedenken an das Hussitische Manifest statt, das Václav Koranda 1419 an diesem Ort verkündet hatte. Die Artikel dieses Manifests bildeten später die Grundlage für die berühmten „Vier Prager Artikel“.

Die Geschichte der anderen Pilsener Gemeinde (der Koranda-Gemeinde) ist untrennbar mit Pfarrer Karel Machotka (1881–1954) verbunden, der die Entwicklung und das Leben der evangelischen Kirche in ganz Westböhmen wesentlich geprägt hat. Er kam 1908 nach Plzeň, in die damalige Filialgemeinde. Die Kirchengemeinde wurde 1921 gegründet und gleich nach der Gründung dachte sie über den Bau einer Kirche nach. Mit dieser wichtigen Aufgabe betraute sie den Architekten Jaroslav Fišer, und 1935 wurde nicht nur für die Kirche, sondern auch für ein Gemeindehaus der Grundstein gelegt. In der Straße Anglické nábřeží wurde ein fünfstöckiges Haus gebaut. Durch den Eingangsbereich dieses Hauses gelangt man in die Rotunde, einen monumentalen kreisrunden Raum mit zwölf Säulen, einer Empore und einer gläsernen Kuppel. Über der Kanzel wurde eine überlebensgroße Statue des auferstandenen Christus, der Abguss eines Werks des dänischen Bildhauers Thorvaldsen, angebracht. Die Orgel befindet sich auf der Empore gegenüber der Kanzel.

Die Kirche wurde am 29.11.1936 feierlich eröffnet. Sie ist ein bemerkenswertes Bauwerk. Auch an kleinere Räume und Büros, die ebenfalls für die Gemeindearbeit wichtig sind, war gedacht. Im Souterrain befindet sich ein Kolumbarium, das allgemein zugänglich ist. Zur selben Zeit wurden auch Wohnhäuser gebaut, die ursprünglich für evangelische Familien bestimmt waren, die zur Gemeinde gehörten.

Die heutige Gemeinde ist aktiv und gedenkt voller Ehrfurcht ihrer früheren Mitglieder.