Nybmurk (Nimburg) - Hořátev (Horschatew)

Nybmurk (Nimburg) - Hořátev (Horschatew)

Nordöstlich von Prag liegt an der Elbe die Stadt Nymburk (186 m ü. NN, knapp 15 000 Einwohner), die heute ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt und ein Zentrum der Industrie ist.

Dort, wo das Gebiet schon in der Urzeit besiedelt war und ein Fernweg die Elbe überquerte, befand sich eine slawische Ansiedlung. Um 1257 gründete Ottokar II. Přemysl dort eine seiner Königsstädte und befestigte sie mit einer Doppelmauer. Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten gehört die gotische St. Ägidiuskirche mit ihrem außermittig angebauten Turm. Das Renaissancerathaus stammt von 1526. Der sogenannte Türkische Turm, ein ehemaliger Wasserturm, wurde 1597 erbaut. Der historische Kern einschließlich Stadtmauer, die nicht vollständig erhalten ist, aber Anfang des 20. Jahrhunderts teilweise rekonstruiert wurde, steht unter Denkmalschutz.

Von den hussitischen Kriegen war Nymburk nicht betroffen, seine Bürger sprachen sich für die Vier Prager Artikel aus und bis 1620 blieb die Stadt evangelisch. Nach der Schlacht am Weißen Berg traf Nymburk ein ähnliches Schicksal wie viele andere evangelische Städte in Böhmen und Mähren. Es folgte die Gegenreformation. Der Dreißigjährige Krieg, Brände und Epidemien brachten die Stadt an den Rand des Untergangs.

Ein wichtiger Wendepunkt in der weiteren Stadtgeschichte war der Bau der Eisenbahn im Jahr 1870. Von da an begann sich die Stadt rasch zu entwickeln und heute ist Nymburk ein angenehmer Ort, der auf seine Vergangenheit und vor allem auf die berühmten Söhne der Stadt stolz ist – auf den Komponisten B. M. Černohorský und den bekannten Schriftsteller Bohumil Hrabal, der in der Nymburker Brauerei seine Kindheit und Jugend verlebte.

Nach dem Erlass des Toleranzpatents 1781 schlossen sich in Nymburk lediglich zwei Familien der evangelischen Kirche an. Auf dem Lande entwickelte sich die Situation günstiger. Durch die zunehmende Entfaltung der Stadt kamen aber auch evangelische Christen nach Nymburk. Am 8.11.1897 wurde eine Kirchengemeinde gegründet. Der Wunsch nach dem Bau einer eigenen Kirche ließ nicht lange auf sich warten. Bereits am 15. Mai 1898 wurde in der Smetana-Straße der Grundstein gelegt und der Bau der Kirche im Stile der Neorenaissance mit einem 35 Meter hohen Turm, die nach einem Entwurf des Brünner Architekten G. Alber errichtet wurde, nahm nicht einmal ein ganzes Jahr in Anspruch. Mit dem Bau wurde J. Blecha aus Prag beauftragt. Zur gleichen Zeit entstand auch ein Pfarrhaus, und die Außenanlagen wurden als Park angelegt.

Die feierliche Einweihung der Kirche fand am 30. November 1898 statt. Heute wird das Gebäude sorgfältig instand gehalten. Ein Blickfang im Kircheninneren ist die Kanzel im Neorenaissancestil. Wir finden hier noch die ursprüngliche Orgel, die in den fünfziger Jahren umgebaut wurde.

Das gesamte Areal – die Kirche, das Pfarrhaus und der später angebaute Gemeinderaum – ist von einem Park umgeben.

Die ursprünglich selbständige Gemeinde in Hořátev ist erst seit dem Jahr 2000 eine Filiale von Nymburk. Die erste schriftliche Erwähnung des Ortes stammt aus dem Jahr 1384. Hořátev gehörte früher den Herren von Kunstadt und Podiebrad, die treue Anhänger der utraquistischen Kirche waren. Kein Wunder, dass sich hier die Kryptoprotestanten trotz der Rekatholisierungsbemühungen der Jesuiten halten konnten und dass hier bereits 1783, kurz nach dem Erlass des Toleranzpatents, eine reformierte Gemeinde einstand. Die ersten Gottesdienste in Hořátev fanden, so wie es auch andernorts häufig der Fall war, in einer Scheune statt. Es dauerte aber nicht lange, bis sich die Hořátever ein Bethaus bauten, das den damals gültigen Toleranzvorschriften entsprach. Es wurde am 30. September 1792 geweiht und ist für die evangelische Kirche von besonderem Wert, weil es, abgesehen von kleinen Veränderungen, bis heute in seiner ursprünglichen Gestalt erhalten ist. Auch die Innenausstattung entspricht dem Geist eines Toleranzbethauses und beeindruckt durch ihre Schlichtheit und Würde. Neben dem Bethaus wurde vor 200 Jahren eine Linde gepflanzt, die heute unter Denkmalschutz steht. Im Winter finden die Gottesdienste im schönen Jugendstilgemeindehaus statt.

Auch im nahegelegenen Kurort Poděbrady hat die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB) eine Gemeinde, die zwar erst 1895 gegründet wurde, aber dennoch eine interessante Geschichte hat, die bis in die hussitische Zeit zurückreicht. Boček von Kunstadt, dem Poděbrady in jener Zeit gehörte, war ein getreuer Hus-Anhänger und sein Siegel ist auf dem Protestschreiben der böhmischen Adligen zu finden, das sie, nachdem Jan Hus auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden war, an das Konzil von Konstanz sandten.

Im 15. Jahrhundert wurde Poděbrady zur Stadt erhoben. Heute kann man dort viele interessante historische Sehenswürdigkeiten besichtigen und im Kurviertel Ruhe und Erholung finden. Vielleicht erweckt das evangelische Bethaus ihre Aufmerksamkeit, das im Laufe der Jahre mehrere interessante Umbauten erfahren hat. Die Gemeindeglieder sind gastfreundlich und daran gewöhnt, Besuch von Kurgästen zu bekommen.