Wenn man mit dem Zug von Český Těšín oder Třinec nach Žilina fährt, kann man in Návsí (386 m ü. NN, 3789 Einwohner) bei Jablunkov das letzte evangelische Toleranzbethaus vor der slowakischen Grenze sehen. Die dortige Gemeinde wurde 1791 gegründet, doch bereits im 16. Jahrhundert war die gesamte Bevölkerung des Fürstentums Teschen der lutherischen Konfession zugeneigt und alle Kirchen waren evangelisch.
In der Zeit der Gegenreformation versammelten sich die evangelischen Christen aus der Region Jablunkov in den Wäldern der Beskiden, in Dolní Lomná, an einem Ort, der „Kostelky“ genannt wird, heimlich zum Gottesdienst. Heute befindet sich dort ein bescheidenes Denkmal.
Außer einem Bethaus aus Holz wurde gleich zu Anfang auch ein Holzhaus für die evangelische Schule errichtet und mit dem Bau eines steinernen Pfarrhauses begonnen. 1808 wurde anstelle der ursprünglichen Schule ein Schulgebäude aus Stein errichtet, in dem sich ab 1869 die öffentliche Schule befand und das seit den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts der Allgemeinheit als Schulungszentrum und Erholungsheim dient. Dieses Kulturdenkmal trägt derzeit den Namen Emmaus-Gemeindehaus (Sborový dům Emaus) und es befinden sich darin fünf Zimmer mit insgesamt zwanzig Betten und zwei Gemeinschaftsräume.
Das hölzerne Bethaus wurde 1820 durch das bis heute bestehende Gebäude ersetzt, an das 1849 ein Turm angebaut wurde. Die einschiffige Kirche im Empire-Stil bietet, einschließlich Emporen, Platz für 600 Menschen. Eine Besonderheit ist die restaurierte mechanische Turmuhr von 1891 und drei Glocken, bereits die vierte Generation in Folge. Die früheren Glocken wurden in Kriegszeiten zu militärischen Zwecken beschlagnahmt.
Das ursprünglich einstöckige Pfarrhaus wurde aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der Gemeinde in ein zweistöckiges Haus umgebaut, das in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts umfassend rekonstruiert und mit einem Anbau für eine zweite Pfarrwohnung versehen wurde.
1841 richtete die Gemeinde einen evangelischen Friedhof ein, auf dem mehrere bedeutende Pastoren der Gemeinde begraben sind, wie zum Beispiel der tschechische Patriot und Schriftsteller Jan Winkler und der Senior František Michejda, der seinerzeit im Pfarrhaus Návsí eine ganze Reihe von Kirchen- und Fachzeitschriften herausgab und mehrere Vereine und Organisationen zur Verbesserung der gesellschaftlichen Verhältnisse gründete bzw. mitbegründete. Von seiner Bedeutung zeugt auch die Tatsache, dass ihn Präsident T. G. Masaryk persönlich besuchte.
Die Kirche in Návsí diente Anfangs den Evangelischen aus fünfzehn Orten in der Region Jablunkov. Im Laufe der Zeit gründete die Gemeinde aber drei weitere evangelische Gemeinden, die selbständig wurden. Als nach dem Ersten Weltkrieg die tschechisch-polnische Grenze gebildet wurde, befanden sich drei der Orte hinter dem Jablunkapass auf polnischem Gebiet. 1930 gründeten sie eine eigenständige Gemeinde und bauten in Istebna eine Kirche.
1950 machte sich die Gemeinde in Hrádek selbständig und 2009 wurde in Písek bei Jablunkov eine Gemeinde gegründet. Ein Jahr später wurde dort eine architektonisch interessante neue Kirche fertiggestellt.
Die Gemeinde Návsí gehört der Schlesischen Evangelischen Kirche A. B. an. Sie arbeitet aktiv mit allen Altersgruppen zusammen und bietet Freizeitaktivitäten für Kinder und Jugendliche an.