Lysá nad Labem - Lissa an der Elbe

Lysá nad Labem - Lissa an der Elbe

Lysá nad Labem (183 m ü. NN, 8500 Einwohner) ist eine weitere Stadt in der fruchtbaren Elbniederung, in der es eine Gemeinde der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB) gibt. Sie liegt circa 15 Kilometer östlich von Stará Boleslav. Der ursprüngliche Fürstenhof wurde unter König Wenzel II. und seiner Frau Guta zur Königsburg ausgebaut. 1291 war Lysá nad Labem dann bereits eine Stadt, die sich im Besitz der böhmischen Königin befand. Später gehörte sie verschiedenen Adelsgeschlechtern.

1560-1564 wurde oberhalb der Stadt ein Renaissanceschloss erbaut. Ende des 17. /Anfang des 18. Jahrhunderts baute es Graf F. A. von Sporck im Barockstil aus. Der Barockgarten wurde mit Skulpturen von M. B. Braun ausgestaltet. In der Nähe des Schlosses steht das Gebäude des ehemaligen Augustinerklosters. In der Stadt befinden sich viele Gebäude aus der Barockzeit: das Rathaus aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, die Pfarrkirche mit Skulpturen von J. Brokoff und M. B. Braun und das Dekanatsgebäude.

Die moderne Entwicklung der Stadt begann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Lysá nad Labem ist ein wichtiger Eisenbahnknotenpunkt. Auf dem Ausstellungsgelände in Lysá tut sich immer etwas Neues.

Bis zur Schlacht am Weißen Berg war Lysá überwiegend evangelisch. Ein Beispiel ist die Familie Tržický, die die 1602 in tschechischer Sprache verfasste „Evangelische Postille“ 160 Jahre lang aufbewahrte. 1625 brach in dieser Gegend ein bewaffneter Aufstand gegen die gewaltsame Rekatholisierung aus. Die evangelischen Christen wurden radikal verfolgt und der Aufstand wurde 1628 vom Heer niedergeschlagen. Damals setzten viele Evangelische ihre Häuser in Brand, verließen die Stadt und gingen ins Ausland. In der Nähe von Halle an der Saale gründeten die Exilanten aus Böhmen dann die Stadt Lissa.

Mit dem Erlass des Toleranzpatents durch Jo-seph II. 1781 gab es für die Kryptoprotestanten neue Hoffnung. Sie schlossen sich der reformierten Konfession an. Schon 1783 kam der erste Prediger aus Ungarn. Die Gottesdienste fanden in dieser Zeit in Privathäusern statt. Nach erfolglosen Bemühungen um die geschlossene St. Barbarakirche begannen die Gemeindeglieder mit dem Bau eines eigenen Bethauses. 1787 wurde dafür der Grundstein gelegt. Der erste Gottesdienst fand am 20. Dezember 1789 statt. Damals gab es im Bethaus keine Bänke, die Gläubigen standen während des Gottesdienstes.

1807 brach in der Stadt ein großer Brand aus, der auch am evangelischen Bethaus Schaden anrichtete. Das Gebäude behielt aber seinen ursprünglichen Toleranzstil und die schönen Giebel. Einer der Giebel wurde mit einem Kelch versehen. Im Inneren des Bethauses steht vor der Kanzel ein Altar vom Ende des 18. Jahrhunderts. Die Orgel stammt von 1829. Zu größeren Umbauten kam es 1907 und in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts.

1864 erwarb die Gemeinde ein Haus in der Nachbarschaft des Bethauses (auf dem heutigen Bedřich-Hrozný-Platz), wo sich fortan das Pfarrhaus und die Schule befanden. Für die Schule wurde später ein Platz auf einer kleinen Anhöhe zwischen Bet- und Pfarrhaus gefunden. Heute steht dort das Gemeindehaus, das auch als Winterkirche dient. Auf dem Gelände befinden sich Grabsteine vom ursprünglichen evangelischen Friedhof.

Die bekannteste Persönlichkeit, die aus Lysá nad Labem stammt, ist Bedřich Hrozný, der Sohn des hiesigen Predigers Václav Hrozný, ein berühmter Orientalist. 1915 entschlüsselte er als erster der Welt die Schrift der Hethiter. Nach 3000 Jahren erweckte er diese scheinbar tote Sprache zum Leben: „Nun werdet ihr Brot essen, dann werdet ihr Wasser trinken“, so lautete der erste von ihm übersetzte Satz.

Bedřich Hrozný war Universitätsprofessor und später auch Rektor der Prager Karlsuniversität. Zahlreiche Universitäten verliehen ihm die Ehrendoktorwürde. Ein Denkmal für Bedřich Hrozný steht im Garten der Lysáer Gemeinde.

Das Gelände der Gemeinde mit dem perfekt gepflegten Garten gehört seit dem 01.09.2003 zur denkmalgeschützten Zone der Stadt und 2005 wurde es zum Kulturdenkmal ernannt.