In der fruchtbaren Elbebene liegt in der Nähe der Stadt Roudnice nad Labem, am nördlichen Fuße des Berges Říp der Ort Krabčice (268 ü. NN, knapp 900 Einwohner).
Krabčice ist ohne den Berg Říp nicht vorstellbar: Diese einzeln stehende, 460 Meter hohe Basaltkuppe mit der romanischen St. Georgsrotunde auf dem Gipfel hat den Status eines Nationalen Kulturdenkmals. Kein Wunder: Von jeher ist der Říp ein sagenumwobener Berg. Im Laufe der Jahrhunderte war er stummer Zeuge freudiger und trauriger Ereignisse, er wurde von Dichtern besungen und diente Malern als Inspiration. Von hier stammt einer der Grundsteine für das Nationaltheater, hierher brachte man die Erde denkwürdiger Schlachtfelder.
Aber zurück nach Krabčice: Die Geschichte des Ortes ist eng mit dem Schicksal der tschechischen evangelischen Christen verbunden. Das Gebiet rund um den Berg Říp war in der Zeit vor der Schlacht am Weißen Berg überwiegend evangelisch. Krabčice war die bedeutendste Brüdergemeinde und blieb es auch nach dem Jahr 1620, in der Zeit der Gegenreformation. Nach dem Erlass des Toleranzpatents 1781 entstand in Krabčice eine reformierte Gemeinde und die lutherischen Gläubigen siedelten sich im benachbarten Libkovice an, wo sie 1855 eine Kirche bauten (die erste evangelische Kirche in Böhmen mit Turm und Glocke).
Das ursprüngliche traditionelle Toleranzbethaus in Krabčice wurde 1790 errichtet. Zu ihm gehörten auch ein Pfarrhaus und eine Schule. Im Laufe der Jahre genügte den Gläubigen aber das kleine Bethaus nicht mehr und sie beschlossen, eine größere Kirche zu bauen. Die weithin sichtbare Kirche (man nennt sie auch die „Kathedrale am Fuße des Říp“) wurde 1885 im neoklassizistischen Stil mit einem vierzig Meter hohen Turm und vier Glocken gebaut. In der Gemeinde Krabčice waren ursprünglich Prediger aus der Slowakei tätig.
Die größte Blüte erreichte das geistliche Leben der Gemeinde in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts, als Václav Šubert Pfarrer in Krabčice und Jan Karafiát Vikar in Roudnice nad Labem war. Ihre Arbeit beschränkte sich nicht nur auf ihre eigenen Gemeinden – sie wirkten wahrhaft missionarisch, und zwar in der sogenannten nördlichen Diaspora, z. B. in Louny, Trnovany bei Teplice und in Krásné Březno bei Ústí nad Labem. An diesen Orten entstanden nach und nach überall evangelische Gemeinden.
Eine weitere wichtige Leistung Václav Šuberts war die Gründung einer kirchlichen Mädchenbildungsanstalt in Krabčice (1869). Heute befindet sich dort ein Altenheim, das von der Diakonie der Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder getragen wird.
Obwohl die Kirchengemeinde Krabčice im Laufe der Jahre geschrumpft ist (eine Tragödie war die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts), ist sie heute eine aktive Gemeinde, die sich auch darum bemüht, die ihr anvertrauten Gebäude zu erhalten. Zwischen der Gemeinde und dem Altenheim bestehen enge Kontakte.
Erwähnenswert ist auch das Treffen von Christen verschiedener Konfessionen, das der Ökumenische Rat der Kirchen unter der klangvollen Bezeichnung „Gebet für die Heimat“ jeweils am 28. Oktober auf dem Berg Říp veranstaltet.