Cáslav (Tschaslau)

Cáslav (Tschaslau)

Im Vorland des Eisengebirges, in der Nähe von Kutná Hora liegt an einem Flüsschen mit dem schönen Namen Brslenka die altehrwürdige Stadt Čáslav (231 m ü. NN, über 10 000 Einwohner). Von hier aus ist es nicht weit ins Naturschutzgebiet „Železné hory“ (Eisengebirge) und zur Talsperre Seč am Fluss Chrudimka.

Um 1260 gründete König Ottokar II. Přemysl hier eine weitere königliche Stadt – die Stadt Čáslav. Es führte hier ein Handelsweg entlang, der Böhmen mit Mähren verband.

Das wichtigste historische Bauwerk der Stadt ist die frühgotische Peter- und Paulskirche, die Ende des 13. Jahrhunderts anstelle der romanischen St. Michaeliskirche gebaut wurde. Diese blieb aber bestehen und dient heute als Sakristei. In der Stadt ist zum Teil die gotische Befestigungsanlage erhalten, zu der auch der sogenannte Ottokar-Turm gehört, neben dem sich das Broder Tor befand. Das Barockrathaus mit dem Žižka-Saal stammt von 1766. Auf dem Marktplatz steht ein Žižka-Denkmal, das 1881 von J. V. Mysl-bek geschaffen wurde. Das Denkmal für Matthäus Ulicky von B. Kozák, das sich vor der Kirche befindet, erinnert an den Aufstand von 1627. Er wurde vom Čáslaver Kaplan Matthäus Ulicky angeführt, der deswegen hingerichtet wurde.

1420 wurde die Stadt von Jan Žižka erobert. Ein Jahr später fand in der Peter- und Paulskirche der sogenannte Tschaslauer Landtag statt. Auf dieser Versammlung wurden das hussitische Programm verabschiedet und eine zwanzigköpfige Landesregierung gebildet, in der erstmals auch Vertreter der Städte vertreten waren. Mitglied dieser Regierung war auch Jan Žižka.

In den folgenden Jahrhunderten setzten Kriege und Brände der Stadt zu. Im 18. Jahrhundert wurde Čáslav zu einem wichtigen Verwaltungszentrum, dessen Entwicklung sich auch im 19. und 20. Jahrhundert fortsetzte.

Aus Čáslav stammt die bekannte Musikerfamilie Dussek, Jiří Mahen wurde hier geboren und Vladislav Vančura besuchte das hiesige Gymnasium. Auch Miloš Forman erinnert sich in seinen Memoiren gern an seine Geburtsstadt.

Die Kryptoprotestanten in der Region Čáslav versammelten sich in der Zeit der Gegenreformation in vielen Dörfern der Umgebung reihum bei den evangelischen Familien. Nach dem Erlass des Toleranzpatents schlossen sie sich der reformierten Konfession an und 1783 wurde eine Gemeinde gegründet. Die ersten Prediger kamen aus Ungarn. Die Gottesdienste wurden in Scheunen abgehalten, meist am ursprünglichen Sitz der Toleranzgemeinde in Močovice, wo 1785 aus einem alten Speicher ein Bethaus und später auch ein Pfarrhaus gebaut wurde. Das Bethaus war viele Jahre in Benutzung.

Mitte des 19. Jahrhunderts kam man auf den Gedanken, die Gemeinde nach Čáslav zu verlegen und eine Kirche zu bauen. Erst der Erlass des Protestantenpatents 1861 über die Gleichberechtigung der einzelnen Kirchen beschleunigte das Baugenehmigungsverfahren. Der Grundstein wurde im Mai 1864 gelegt. 1866 brannten das Bet- und das Pfarrhaus in Močovice nieder. Dieses traurige Ereignis gab den Ausschlag für die Entscheidung, den Sitz der Gemeinde nach Čáslav zu verlegen. Mit dem Bau der Kirche wurde der Chrudimer Architekt F. Schmoranz d. Ä. beauftragt, der ein Gebäude im neugotischen Stil entwarf. Es handelt sich um eine dreischiffige Kirche mit Turm, der dem Turm der Peter- und Paulskirche ähnelt. Die Kirchweihe fand am 6. Juli 1869 statt und war für die gesamte Kirche ein großes Fest – schließlich handelte es sich um die größte evangelische Kirche Böhmens seit der Toleranzzeit. Im Laufe der Jahre wurde sie mehrmals aufwändig renoviert. 1928 wurde anstelle des alten Gemeindehauses ein neues eröffnet, in dem sich ein Gemeindesaal (Comenius-Saal) und eine Pfarrwohnung befinden. Am 21. Juni 2009, wurde das Gotteshaus anlässlich des 225-jährigen Bestehens der Gemeinde und des 140-jährigen Jubiläums der Kirche nach einer umfassenden Rekonstruktion feierlich wiedereröffnet.

Erinnert sei noch daran, dass 1872 in Čáslav ein reformiertes Lehrerseminar eröffnet wurde, das einzige dieser Art in Böhmen. Einer der Lehrer an dieser Anstalt war Jan Karafiát.

Die Čáslaver Gemeinde widmete sich schon immer auch der sozialen Arbeit. 1889 wurden der wohltätige Frauenverein „Marta“ und ein Waisenhaus gegründet. Heute setzt die Diakonie der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder diese Arbeit fort.