Beiden historischen Städte an der Elbe (169 m ü. NN, rund 15 000 Einwohner) wurden 1960 zusammengeschlossen. Jede der Städte hat für sich genommen eine interessante Vergangenheit und zahlreiche wertvolle historische Bauwerke.
Die Anfänge von Stará Boleslav reichen weit in die böhmische Geschichte zurück. Anstelle der dreischiffigen romanischen Basilika aus den vierziger Jahren des 11. Jahrhunderts stand Anfang des 10. Jahrhunderts die Kirche St. Cosmas und Damian. Dort soll am 28. September 935 der später heiliggesprochene böhmische Fürst Wenzel auf Betreiben seines Bruders Boleslav ermordet worden sein. Wenzel wurde zum Schutzpatron der böhmischen Länder und die St. Wenzelsbasilika (mit Krypta), die im Laufe der Jahrhunderte mehrmals umgebaut wurde (der barocke Umbau wurde Mitte des 18. Jahrhunderts abgeschlossen), ist einer der wichtigsten katholischen Wallfahrtsorte Tschechiens.
In der Wallfahrtskirche St. Marien in Stará Boleslav gibt es am Hauptaltar ein Madonnenrelief aus der Zeit um 1500, das sogenannte Palladium, das dem Schutz Böhmens dienen soll.
Brandýs nad Labem am linken Elbufer war ursprünglich ein Marktflecken. Das Städtchen entstand im 14. Jahrhundert durch den Zusammenschluss des Dorfes Hrádek an der St. Peterskirche und des Dorfes an der St. Laurentiuskirche. Im 16. Jahrhundert, als in diesem Gebiet die Herren Kraiger von Kraigk herrschten, gab es hier eine große Gemeinde der Brüderunität. Ursprünglich gehörte ihr die inzwischen katholische Pauluskirche.
Die alte Brückenfestung wurde im Lauf der Jahre zu einem weitläufigen Renaissanceschloss umgebaut. Der Schlossturm stammt vom Ende des 16. Jahrhunderts. Auch Brandýs nad Labem wurde vom Dreißigjährigen Krieg heimgesucht, durch den unter anderem der im Renaissancestil angelegte Schlossgarten Schaden erlitt. Ein vernichtender Stadtbrand im Jahr 1828 zerstörte auch die Synagoge. Der jüdische Friedhof von 1568, einer der ältesten in Böhmen, blieb erhalten. Interessant ist das Schicksal der anderen Brandýser Kirchen: Die gotische St. Laurentiuskirche, in der Fresken aus dem 14. Jahrhundert erhalten sind, gehört heute der Tschechoslowakischen Hussitischen Kirche (THK). Die ursprünglich gotische St. Peterskiche, die barock umgebaut wurde, wird von der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB) genutzt.
Interessant ist auch, dass sich im Brandýser Schloss 1813 Kaiser Franz I., der preußische König Friedrich Wilhelm III. und der russische Zar Alexander I. trafen, um ihre Angriffstaktik gegen Kaiser Napoleon abzusprechen.
Mit der Entfaltung der Stadt Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts kamen auch die ersten evangelischen Christen nach Brandýs nad Labem und Stará Boleslav. Dank der Los-von-Rom-Bewegung nach der Gründung der Tschechoslowakei stieg auch die Zahl der Evangelischen: 1922 wurde eine Predigtstation gegründet und 1930 entstand eine selbständige Gemeinde der EKBB.
Innerhalb weniger Monate wurde eine Kirche gebaut und am 14. Dezember 1930 mit einem Festgottesdienst eingeweiht. Dort überdauerten die evangelischen Christen aus Brandýs den Zweiten Weltkrieg, nicht aber den harten Kurs der Kommunisten nach der Niederschlagung des Prager Frühlings. 1978 mussten die Kirche und das Pfarrhaus dem Bau eines Neubaugebiets weichen, beide Gebäude wurden abgerissen. Die Gemeindeglieder durften zwar kostenlos die St. Peterskirche auf dem Hügel Vyšší Hrádek nutzen (sie stammt von 1304, war ursprünglich gotisch, wurde barock umgebaut, von Joseph II. geschlossen und später beinahe abgerissen), trotzdem kauften sie 1980 eine Villa am Stadtrand und bauten sie zu einem Gemeinde- und Pfarrhaus um.
Am Ende kam alles anders: Die Peterskirche, ein einschiffiger Bau mit einem fünfseitigen Altarraum und einer kleinen Sakristei wurde später aufwändig renoviert. 1999 wurde diese alte Kirche, in der bei den Renovierungsarbeiten nicht nur gotische Bodenfliesen, sondern auch ein Grabstein von 1622 entdeckt wurden, Eigentum der Gemeinde.
Als dann die Stadt an die Gemeinde ein Grundstück in der Nähe der Kirche verpachtete und dort ein neues Gemeindehaus mit Pfarrwohnung und modernen Gemeinderäumen gebaut wurde, entstand ein schönes Ensemble, das den Reiz der alten Kirche wirkungsvoll mit einem zeitgemäßen Gemeindeobjekt verbindet.