Die südschlesische Stadt Bohumín am rechten Ufer der Oder, die einst zum Fürstentum Teschen gehörte, fiel nach der Teilung des Teschener Landes an die Tschechoslowakei, 1938 bis 1939 gehörte sie zu Polen und danach bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs zu Deutschland. Es handelt sich um eine Doppelstadt aus (Starý) Bohumín (Alt Oderberg) und Šunychl (Schönichel), die sich ab 1847, nach dem Bau der Kaiser-Ferdinand-Nordbahn, rasch entwickelte. Šu-nychl und seine Nachbarorte erhielten 1924 das Stadtrecht und den Namen Nový Bohumín (Neu Oderberg). Zur Vereinigung mit (Starý) Bohumín (Alt Oderberg) kam es 1973. Danach trug die Doppelstadt den Namen Bohumín. In beiden Städten war etwa ein Drittel der Bevölkerung deutsch. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die meisten Deutschen ausgesiedelt. Heute hat Bohumín 22 704 Einwohner.
Die evangelische Gemeinde in Bohumín ging Ende des 19. Jahrhunderts aus der Los-von-Rom-Bewegung hervor und wurde von schlesischen Deutschen und Polen gebildet. Die kirchliche Arbeit begann Ende 1887 in der lutherischen Gemeinde Orlová, und im darauffolgenden Jahr wurde in Bohumín eine Filiale dieser Gemeinde gegründet. 1888 wurde daraus eine Predigtstation der evangelischen Gemeinde Orlová mit damals 181 Mitgliedern. Die Direktion der Nordbahn stellte den evangelischen Christen in Bohumín die Schulstube für ihre Gottesdienste zur Verfügung. Nicht lange danach wurde jedoch die Schule der Bahn an einen anderen Ort verlegt und die Gemeinde musste sich nach einem neuen Gottesdienstraum umsehen. Der Stadtrat lehnte es ab, ihnen einen Raum in der Schule zu überlassen, weshalb die Gemeinde eine Zeit lang Räume in Moritz Saffiers Gasthaus angemietet hatte. Schon bald begann man, an den Bau einer eigenen Kirche zu denken. Die Gottesdienste fanden jeweils am ersten Sonntag im Monat sowie am Karfreitag, insgesamt also dreizehnmal pro Jahr, statt.
Auf die Fürsprache des mährisch-schlesischen evangelischen Superintendenten Dr. Theodor Haase
hin und mit Unterstützung von Vereinen und Einzelpersonen nahm man schließlich den Bau einer evangelischen Kirche in Angriff. Das Baugrundstück wurde von Heinrich Graf Larisch-Moennich gestiftet und am 12. August 1900 wurde in der heutigen Štefánikova-Straße der Grundstein für das Gotteshaus gelegt. Es handelte sich um eine einschiffige neugotische Kirche aus roten Ziegeln mit Turm, die den Grundriss eines lateinischen Kreuzes hatte. Das Gebäude wurde nach Plänen des Architekten Julius Leisching aus Brno errichtet. Die Bauleitung hatte Josef Berg aus Bohumín. Die Baukosten beliefen sich insgesamt auf rund 60 000 Kronen. Ein Teil der benötigten Mittel wurde von der politischen Gemeinde, einheimischen Industriellen und Gläubigen, aber auch von Christen aus den Niederlanden und Deutschland gespendet. Den größten Beitrag leistete das Gustav-Adolf-Werk. Die Kirche wurde 1901 geweiht. Am 15. Oktober 1913 erhielt sie ihre Glocken. An diesem Fest nahmen auch die Bohumíner Altkatholiken teil, die das Gotteshaus ebenfalls für ihre Gottesdienste nutzten.
Nach der Gründung der Tschechoslowakei schloss sich die Filialgemeinde gemeinsam mit ihrer Muttergemeinde der Schlesischen Evangelischen Kirche an. 1922 wurde die Gemeinde selbständig und vier Jahre später baute sie neben der Kirche (in der heutigen Masarykova-Straße) ein Pfarrhaus. Wie in der Chronik der Stadt Bohumín von 1925 zu lesen ist, hatte das evangelische Pfarramt in Nový Bohumín damals für rund 1000 Gemeindeglieder Sorge zu tragen, zwei Drittel davon waren Deutsche und knapp ein Drittel Polen.
Während des Zweiten Weltkriegs hörte die Gemeinde praktisch auf zu existieren, die Kirche wurde der Deutschen Evangelischen Kirche übergeben und nach dem Krieg konfisziert. Erst Anfang der siebziger Jahre wurde sie der Schlesischen Evangelischen Kirche zurückgegeben. 1974 fand eine umfassende Renovierung statt, in deren Zuge das Gebäude seine heutige Gestalt erhielt. Das Pfarrhaus wurde erst 1991 instand gesetzt.
Die Gemeinde der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder: Die evangelischen Tschechen machten sich nach der Gründung der Tschechoslowakei im Rahmen der Gemeinde Orlová selbständig und bildeten 1924 eine Kirchengemeinde, die sich der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB) anschloss. Bereits seit 1923 hatten in Bohumín einmal monatlich tschechische evangelische Gottesdienste stattgefunden, die im Zeichensaal der tschechischen Schule abgehalten wurden. 1933 gründete man eine Filiale der EKBB-Gemeinde in Orlová. Mit Ausnahme der Kriegszeit, als die Gemeinde in Orlová faktisch zu existieren aufhörte, hat diese Filialgemeinde bis heute Bestand. Zuletzt feierte sie ihre Gottesdienste im Gotteshaus der Schlesischen Evangelischen Kirche. Zur Zeit finden keine Gottesdienste statt.
Die altkatholische Gemeinde: Die ersten altkatholischen Gottesdienste wurden 1904 von Pfarrer Erhart aus Šumperk (Mährisch Schönberg) gehalten. Es traten 72 Personen, überwiegend Deutsche, zur altkatholischen Kirche über. Später wurde eine Filiale der altkatholischen Gemeinde in Frýdlant nad Moravicí (Friedland an der Mohra, heute Břidličná) gegründet. Die Gemeinde hieß zwischenzeitlich Olomouc--Břidličná-Bohumín (Olmütz-Friedland-Oder--berg).
In Bohumín fanden sechs- bis achtmal jährlich Gottesdienste in der evangelischen Kirche statt. Die altkatholische Filialgemeinde erlosch im Zusam-menhang mit der Aussiedlung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg.